Sonntag, 28. Dezember 2014

Liebenau

























Der heute ca. 3600 Einwohner zählende Flecken Liebenau im Kreis Nienburg liegt direkt an der  Abbruchkante einer eiszeitlichen Geestplatte am Wesertal nahe der Mündung der Großen Aue, die mitten durch den Ort fließt. Liebenau und die dortige Brücke über die Aue werden 1331 erstmals urkundlich erwähnt. Ursprünglich waren die beiden Ortsteile westlich und östlich der Aue bis ins 17. Jahrhundert getrennt (Liebenau westlich, und Bruchtorf östlich der Aue). Bei Bruchtorf, das 1167 erstmals erwähnt wird, befand sich die Mindener Burg Nygenhus. Sie wurde im 14. Jahrhundert von den Grafen von Hoya erobert. Diese sollen aus den Steinen der geschleiften Burg Nygenhus die Burg Liebenau in Liebenau errichtet haben. Die Burg Liebenau wurde dann um 1512 von den Schaumburger Grafen zerstört, später als Amtshof wiederaufgebaut. Nach dem Anschluß des Amtes Liebenau an das Amt Steyerberg (1709) wurde der Amtshof nicht mehr gebraucht und 1728 abgerissen. Wo er sich befand, ist heute - zumindest für den Besucher - nicht mehr erkennbar. Das heutige prachtvolle Schloß in Liebenau am Südrand des Ortes (westlich der Aue), hat mit all dem nichts zu tun, sondern ist das ehemalige, im 19. Jahrhundert erbaute Herrenhaus des großen Gutes von Eickhof-Reitzenstein. Das Gut gehörte ursprünglich der Familie von Kalm. Von Kalm verkaufte Mitte des 19. Jahrhunderts seine Ländereien im Wesertal, erwarb dafür zwecks Umwandlung des Gutes in ein Forstgut von der Domänverwaltung die Heideflächen des Liebenauer Waldes (die spätere "Eickhofer Heide") und forstete sie auf. Etwa zwischen 1870 und 1880 ließ von Kalm auf den Grundmauern des alten Gutshofes das repräsentative Schloß Eickhof erbauen. 1895 kam das Gut samt Schloß durch Kauf an den Eisenbahnpäsidenten von Reitzenstein, der sich fortan "von Eickhof-Reitzenstein" nannte. 1938 kaufte die staatliche "Montan GmbH" das Schloß und die gesamte Eickhofer Heide von Major a.D. Eduard von Eickhof-Reizenstein zwecks Bau der riesigen, getarnten Munitionsfabrik "Eibia GmbH Anlage 'Karl'". Schloß Eickhof wurde nach dem Verkauf zunächst als "Hitlerjugend-Führerschule" weiterbetrieben. Zwischen 1940 und 1943 sollen das Schloß oder Nebengebäude des Schlosses als Unterkunft für die Wachmannschaften des "Arbeitserziehungslagers" (KZ) gedient haben. 1945 requirierte die britische Besatzungsmacht das Schloß und machte es zu einem pompösen Offizierscasino. Seit 1986 ist Schloß Eickhof wieder in Privatbesitz, aber ähnlich abgeschottet wie in der Vergangenheit. 

Im 20. Jahrhundert wurde Liebenau stark von der westlich des Ortes, in der Eickhofer Heide liegenden, getarnten Pulver- und Munitionsfabrik geprägt, der größten des Dritten Reiches in Deutschland. Das Areal hat eine Größe von 12 Quadratkilometern. Am Rand der Anlage entstanden mehrere Zwangsarbeiterlager, von denen das Lager "Stein I" noch heute als sogenannte "Waldsiedlung" weitgehend erhalten ist. Zwischen 1939 und 1945 mußten insgesamt rund 11.000 Zwangsarbeiterinnen, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene unter unsäglichen Bedingungen in der Pulverproduktion arbeiten. Mißhandlungen, Hinrichtungen und der Tod durch unzureichende Versorgung, durch Erschöpfung und Entkräftung waren an der Tagesordnung. 1940 wurde in Liebenau auf Betreiben der Eibia auch ein "Arbeitserziehungslager" der Gestapo für 250 bis 500 Häftlinge errichtet, das faktisch einem Konzentrationslager gleichkam. Es befand sich auf dem Gelände der heutigen Schule. Produziert wurde auch nach dem Zweiten Weltkrieg, zunächst durch die "Dynamit-Nobel", später bis 1995 durch die holländische "Eurometaal". Daneben befanden sich auf dem Sperrgebiet Munitionsdepos der Bundeswehr und der Britischen Armee, sowie bis 1992 ein Atomwaffendepot für die 1. Panzerdivision der Bundeswehr.   

Die ersten Bilder ganz oben sind Impresssionen aus dem mittelalterlich anmutenden historischen Ortskern von Liebenau. Es folgen unterhalb dieses Textblocks zwei Bilder von der Wassermühle, die sich mitten im Ortskern befindet. Das daran anschließende dritte und vierte Bild zeigen den Bahnhof Liebenau. Er liegt an der im Jahre 1910 eröffneten Eisenbahnstrecke Nienburg-Uchte-Rahden. Diese wurde 1970 zwischen Steyerberg und Uchte, 1996 auch zwischen Liebenau und Steyerberg stillgelegt, entwidmet und demontiert, so daß die  Strecke nie mehr durchgehend befahren werden kann. Am Bahnhof Liebenau wurden die Rangier- und Nebengleise entfernt und das Empfangsgebäude einer Privatperson verkauft. Die Bahnstrecke wird heute ausschließlich nur noch als Industriezubringer für das Chemiewerk in Steyerberg über die alte Anschlußstrecke der Pulverfabrik  genutzt. Unweit des Bahnhofs befinden sich noch Reste des Weserhafens Liebenau, der 1939 extra für die Eibia angelegt worden ist. Der Bahnanschluß ist in Spuren noch vorhanden. Der Hafen diente in erster Linie der Kohleversorgung der werkseigenen Kraftwerke der Pulverfabrik.

Das letzte Bild zeigt das Schloß Eickhof. Es ist von einer hohen Mauer umgeben und durch Wachhunde gesichert. Durch die Gitterstäbe des Einfahrtores gelang im Gegenlicht das Foto mehr schlecht als recht.    













 















Donnerstag, 25. Dezember 2014

Bahnhof Rahden




















Die Eisenbahnstrecke Bünde-Rahden-Sulingen-Bassum wurde 1901 eröffnet. Sie bildete eine Direktverbindung der Großsstädte Bielefeld und Bremen. Ab 1904 fuhren durchgehende Personenzüge zwischen Herford und Bassum. In Rahden (Kreis Lübbecke) kam 1910 die abzweigende Nebenstrecke Rahden-Uchte-Nienburg hinzu. 1920 wurde das Bahnbetriebswerk Rahden mit dem Ringlokschuppen in Betrieb genommen. Anfang der 1950er Jahre wurde die Strecke Bassum-Sulingen-Rahden-Bünde wegen der durchgehenden Eilzüge Bremen-Bielefeld-Frankfurt (Main) in das Fernverkehrsnetz aufgenommen 
(Fernverbindungen für mittlere Reiseentfernungen). Ende der 50er Jahre waren am Bahnhof Rahden 600 Mitarbeiter beschäftigt (Bahnbetriebswerk, Bahnmeisterei und Bahnhof). Rahden war quasi eine kleine "Eisenbahnerstadt".

Der Niedergang begann spätestens 1975 mit der Streichung der Nahverkehrszüge zwischen Rahden und Bassum. Auch der Güterverkehr wurde drastisch reduziert. Das Betriebswerk wurde bald aufgegeben, und das Gelände mit dem Lokschuppen 1989 einer Eisengießerei verkauft. Einen Teil des Schuppens stellte die Gießerei später der Museumseisenbahn Rahden-Uchte zur Verfügung. Schuppen und Drehscheibe stehen heute unter Denkmalschutz. 1994 verschwanden auch die letzten Eilzüge von und nach Bremen aus dem Fahrplan. Die Strecke nach Uchte (der Personenverkehr war dort schon 1968 eingestellt worden) wird seit 1996 nur noch als Museumsbahn betrieben und dies nur an wenigen Verkehrstagen im Jahr. 1997 erfolgte schließlich die Stillegung des Streckenabschnitts Rahden-Bassum (außer Barenburg-Sulingen). Seitdem ist Rahden ein Endbahnhof. Der verbliebene Personenverkehr zwischen Bünde und Rahden wurde im Jahr 2000 von der privaten "Eurobahn" übernommen, die diesen ausschließlich mit Triebwagen der Bauart "Talent" bedient. 

Das Bahnhofsgebäude einschließlich des Güterschuppens kaufte die Stadt Rahden vor 2010, restaurierte es umfassend und nutzt die Halle weiterhin als Bahnhof, allerdings ohne Fahrkartenschalter oder Reisecenter, da man die Fahrkarten für die "Eurobahn" im Triebwagenzug am Automaten kauft. Andere Schienenverkehre gibt es dort nicht mehr. Ebenso ist keine Gastronomie mehr vorhanden. Die weiteren Räume des Gebäudes wurden zur DRK-Kleiderkammer, zum Stadtarchiv, zum Archiv der Eisenbahn-Chronikgruppe und zum Theater (im Güterschuppen).  

Die ersten beiden Fotos oben zeigen den direkt an das Empfangsgebäude angebauten Stückgutschuppen. Darunter folgt ein Bild mit der Straßenseite des Empfangsgebäudes. Das vierte Bild entstand durch Abfotografieren eines der Bilder, die gerahmt in der Bahnhofshalle hängen. Es zeigt den ursprünglichen Bauszustand des Gebäudes im Jahre 1900. Bereits 1909 erhielt der Bahnhof den markanten zweistöckigen Querbau, der den Wartesaal 3. und 4. Klasse, sowie die Wohnung des Bahnhofskneipenwirtes enthielt. 

Das erste Foto unterhalb dieses Textblocks entstand in der Halle. Das Foto darunter (von einem der in der Halle hängenden Bilder abfotografiert) zeigt die Halle vermutlich im Zustand der 1920er oder 30er Jahre. Auf dem dritten Foto ist ein Schaufenster in der Halle zu sehen, in dem mit Ausstellungsstücken an die Vergangenheit des Bahnhofs und Rahdens als Eisenbahnerstadt gedacht wird. Das vierte Foto  zeigt den Bahnhof auf der Bahnsteigseite mit einem zur Abfahrt bereitstehenden Triebwagen. Auf dem Bild darunter ist der kleine Stellwerksvorbau (Fahrdienstleiterbude) aus dem Jahre 1910 zu sehen.     



 

























Es folgt ein Foto vom Ringlokschuppen des ehemaligen Betriebswerkes Rahden, das heute der Bereich der Museumsbahn ist. Das Gleis im Vordergrund ist das frührere Durchfahrgleis nach Bremen über Sulingen. Der Mitropa-Speisewagen aus dem Jahre 1928 auf dem Bild darunter, befindet sich gegenüber dem ehemaligen Betriebswerk und dient heute als Verkaufsraum der Museumsbahn. Darunter folgt ein Bild mit dem 1931 erbauten Stellwerk "Rmf". Das letzte Foto zeigt die sich gegenüber dem Bahnhofgebäude befindenden Bahnbeamtenwohnhäuser.