Sonntag, 15. September 2013

Geschichtsspuren in Bassum















Zwischen Bassum und Harpstedt befindet sich in einem Waldgebiet diese etwas geheimnisvolle, runde Bunkerruine. Es handelt sich um den Unterbau für die sogenannte "Fernmeldeanlage Groß Hollwedel", eine militärische Großsendeanlage. Geplant waren mindestens drei Sendetürme, die über voll verbunkerten Grundbauten errichtet werden sollten. Baubeginn war 1938 oder 1939. Die Anlage wurde jedoch nie fertiggestellt, der Baustopp erfolgte 1940 oder 1941. Die Quellen zu dem Objekt geben unterschiedliche Informationen: Auf der Internetseite "relikte.com" ist von drei Funktürmen die Rede, die für die militärische Kommunikation der Wehrmacht im Auftrag der Reichspost gebaut werden sollten. Das Buch "Spurensuche im Landkreis Diepholz" des Kreisheimatbundes hingegen berichtet von einer aus 10 Antennenmasten (!) bestehenden, geplanten Anlage, von denen sich vier Masten und ein Kraftwerk im Bau befanden. Laut dem Buch sollte es sich um eine geplante Längstwellenanlage zum Anfunken getauchter U-Boote gehandelt haben, was allerdings hinsichtlich des Standortes (kein flacher, mooriger Untergrund) und mehr noch angesichts der Tatsache, daß eine Entwicklung ständig unter Wasser fahrender U-Boote erst 1942 begann, und solche erst ab 1944 gebaut wurden, etwas seltsam erscheint. Die Anlage bleibt rätselhaft. Laut "relikte.com" wurde das Bauvorhaben 1941 gestoppt, weil kein Bedarf mehr an der Anlage bestand. Zurück blieb die heute noch erhaltene Bauruine.

Bei dem zweiten Objekt in Bassum (Bildreihe unterhalb dieses Textblocks), das versteckt an einem Waldrand liegt, handelt es sich um das ehemalige "Warnamt II", ein Relikt des Kalten Krieges. Die bundesweit 10 Warnämter unterstanden dem Bundesamt für Zivilschutz. Im Falle eines Dritten Weltkrieges sollten von dort aus die Luftlage für die Zivilverteidigung beobachtet werden. Dazu liefen in den Warnämtern die Daten der NATO-Luftverteidigungsgefechtsstände und der eigenen Beobachtungs- und Meßstellen (Messung auf radioaktive Verstrahlung) zusammen. Die Warnämter lösten dann bei Bedarf zentral den Sirenenalarm und die Alarmierung der Bevölkerung über Rundfunk aus. Kernstück eines Warnamtes war der "atombombensichere" Bunker der Schutzklasse "S 9" mit einem großen Lagezentrum. "S 9" bedeutete, daß der Bunker Atombomben-Luftdetonationen mit einer Druckwelle von 9 atü standhalten konnte. Wände und Decke sind 3 m dick. Der Bunker konnte von der Außenwelt hermetisch abgeschlossen werden. Er hatte eine eigene Energie- und Wasserversorgung sowie eine eigene Luftfilteranlage und ermöglichte somit ein bis zu 30-tägiges Überleben und Arbeiten in einer vom Atomkrieg verwüsteten und verseuchten Umwelt. Ein weiteres auffälliges Kennzeichen war der hohe Antennen-Gittermast. Nach dem Ende des Kalten Krieges bestand kein Bedarf mehr, die Warnämter wurden in den 1990er Jahren aufgelöst. 

Auf dem Gelände des Warnamtes Bassum befindet sich heute eine Privatschule. Es ist daher nicht frei zugänglich. Die beiden Verwaltungsgebäude, der Atombunker und ein paar kleinere Reste sind aber noch vorhanden. Der Antennenmast wurde abgerissen. Inwieweit die Inneneinrichtung des Atombunkers noch vorhanden ist, ist mir nicht bekannt. Im Jahre 2008 gab es eine Besichtigung durch den "Verein Hamburger Unterwelten e.V.", über die auch eine Internetseite existiert. Damals waren die Inneneinrichtung des Bunkers und seine technischen Anlagen zum Teil noch vorhanden. Es wäre sinnvoll und von öffentlichem Interesse, wenn man mal an einem "Tag des offenen Denkmals" der Allgemeinheit eine Besichtigung ermöglichen würde.

Das erste Bild (unten) zeigt eines der beiden Verwaltungs- Versorgungs- und Unterkunftsgebäude. Darunter folgen zwei Bilder vom Eingang in den Atombunker, an dem man auch das Baujahr erkennen kann. Auf dem letzten Bild ist das Tor auf der Rückseite der Anlage zu sehen. Bei dem kleinen Rundbau handelt es sich um das Klär- und Wasserwerk der Anlage.





















2 Kommentare:

Otwin Skrotzki hat gesagt…

Am 11. Juli 2016 meldete das Diepholzer Kreisblatt, daß eine "Gruppe geschichtsinteressierter Menschen" um Mirko Krumm begonnen habe, den Atombunker des ehemaligen Warnamtes Bassum zu renovieren und soweit herzurichten, daß geführte öffentliche Besichtigungen möglich werden. Teilweise ist die Technik 1996 herausgerissen worden, aber vieles ist noch vorhanden. Zitat aus dem Zeitungsbericht: "Zu entdecken gibt es auf den 10.000 Quadratmetern unglaublich viel. Der Bunker führt vier Stockwerke in die Tiefe - 15 Meter unter der Erde. Es ist ein Labyrinth aus Stahltüren, Treppen und Räumen.[...] Vieles ist noch vorhanden - Karten, Schaltkästen, Bedienpulte, Prüfberichte, sogar die Betten stehen noch."

Anonym hat gesagt…

Habt ihr nicht bereits telefoniert? ;-)
Kontaktdaten gibt es auf www.warnamt.de
Mit Sicherheit kann man sich da mal austauschen.

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